Wien Away - Der Bericht
Peters Bericht aus dem alten Forum:
Wiener G`schichten oder ein Fußballspiel mit Nebenwirkungen !
Nun ist es schon wieder fast 7 Wochen her, das man Augenzeuge eines besonderen Spiels im mittlerweile ehemaligen Ostseestadion wurde, in dem unser ruhmreicher FC Hansa wieder die große Fußballbühne erklommen hatte. Am Ende eines begeisternden Spiels und einer einmaligen Stimmungskulisse hieß es schließlich "Die Kogge ist zurück"! Doch nun war erstmal Sommerpause angesagt. Im Fandasein würde ich es wohl als die schlimmste Zeitepoche beschreiben. Was bleibt bis unsere (neuen) Helden in Weiß und Blau das Fußballoberhaus erstürmen, ist die Ernüchterung, sich bis zum Saisonstart im August mit Testkicks zufrieden zu geben, welche über den heimischen Fernseher flimmern. Aber zum Glück hat die UEFA den UI-Cup erfunden. Die Sommerpause bekam wieder einen Sinn, der Fußball war wieder zurück. Dank einer glücklichen Auslosung der Spielbegegnungen im diesjährigen UI-Cup sollte es zu einer Art Lokalderby zwischen dem SK Rapid Wien und dem SK Slovan Bratislava kommen. Ein Spiel zwischen zwei Aushängeschildern ihres Landes, sowohl im sportlichen, als auch im fantechnischen Bereich (diese Meinung ist natürlich rein subjektiv). Das sollte also die große Internationale Fußballbühne sein. Man war gespannt und die Mission Europacup konnte beginnen.
Als fahrbarer Untersatz wurde diesmal die Eurolines in Anspruch genommen. Das hieß zwar wenig Schlaf, womöglich nervende Mitfahrer, jedoch im Gegensatz zur Deutschen Bahn eine wesentlich günstigere Preisalternative und vor allem keine unnötige Panik wegen verpasster Anschlusszüge, falls derzeit überhaupt Züge fahren sollten. Also ging’s ab zum Einschecken am Busbahnhof, Tickets : Zeigen, Gepäck : Nein, Ab in Bus, Erste Reihe : Setzen, Tür zu : Abfahrt, Plop: das Bier schmeckt! Nach einem kurzen Nickerchen, Augen auf, aha die Münchner Allianz-Arena war erreicht. Eigentlich nicht besonderes für einen Fußballfan (wer schon mal drinnen war wird wissen wie`s gemeint ist), aber andere unbelehrbare Mitreisende konnten dem Charme dieses Konsumtempels nicht widerstehen und somit wurde kurzerhand alles aus den Taschen gezaubert was irgendwie Fotos oder Filme machen konnte. Mit dem Gedanken im kommenden August unseren FC Hansa in diesem Schwimmreifen zum Sieg brüllen zu können verabschiedete man sich
wieder ins Traumland.
Nach einer kurzweiligen Fahrt über die Österreichische Autobahnpiste wurde man schließlich am frühen Samstagmorgen freundlich, aber bestimmt durch eine kurze und präzise Ansage des Reiseleiters geweckt: "Wien; Aussteigen!" Im Halbschlaf wankte man auf die Straßen dieser Großstadt und das Reisegefährt verschwand weiter gen Budapest. Das erste Ziel des noch jungen Tages hieß Wiener Westbahnhof, denn erstmal war eine kleine bis mittelgroße Stärkung angesagt. Mit vollem Magen ging es auf zu neuen Taten, denn so einige architektonischen Hingucker sollten noch vor dem großen Ansturm der Japanischen Photomafia erobert werden. nach dem die Altstadt ihren Reiz langsam verlor, war noch ein kurzer Ausflug ans Donauufer angesagt, schließlich durfte der Wiener Prater in der Sammlung historischer Orte nicht fehlen. Was bleibt, ist die Erkenntnis, dass die sich drehende Stahlkonstruktion nicht unbedingt das hält, was das Werbeprospekt verspricht und auch der BFC schon zu so früher Stunde im nahen Ausland Präsenz zeigte.
Das Pflichtprogramm war somit erledigt, nun war der angenehme Teil der Reise angesagt. Somit ging es nun ab mit dem öffentlichen Nahverkehrs-unternehmen gen Hütteldorf, denn auch die notwendigen Eintrittskarten für die heutige Abendveranstaltung im Wiener Westen wollten noch besorgt sein. Am besagten Bahnhof war zur Mittagszeit kaum eine
Menschenseele zu erblicken, lediglich einige Blau-Uniformierte hatten heute anscheinend keine Lust auf Familienabend mit Kind & Kegel und schwitzten lieber in ihren Fahrzeugen. Die Spielstätte der heutigen Begegnung war nur ein paar wenige Fußschritte entfernt, auf dem Weg dorthin war jedoch sofort unverkennbar: hier ist der SK Rapid Wien zuhause. Jedes Haus, jedes Verkehrsschild und jeder noch so kleine Stromkasten war mit Schriftzügen und Klebern der heimischen Ultras verziert. Nach dem obligatorischen Rundgang um das gesamte Stadiongelände ging`s in den Fan-Shop, welcher in die Süd-Tribüne des Gerhard-Hanappi-Stadions integriert ist. Tickets waren noch reichlich vorhanden und für die arbeitende Bevölkerung zu erschwinglichen Preisen. Aber schließlich war es ja auch nur eine Begegnung der 2.Runde im UI-Cup 2007/2008.
Nach dem Nachmittagsfüllenden Ausflug in eine innerstädtische Bierschenke hieß es wieder Richtung Stadion aufzubrechen, da sich am Nachbartisch die Kunde von der Ankunft des Gästemobs breit machte. Dieser sollte, wie sich später herausstellte, nicht ganz ereignislos abgespielt haben. Der sportlich interessierte aus dem Schweizer Nachbarland würde in diesem Falle von ein paar "Scharmützeln" sprechen. Der größte Teil der slovakischen Fußballfans war vor dem Spiel noch in eine Schenke hinter der Gästetribüne eingekehrt, nach den vorangegangenen Ereignissen natürlich von der örtlichen Staatsmacht in Kampfmontur gut bewacht. Auffallend war hierbei die große Anzahl erlebnisorientierter Typen in TS-Klamotten. Nach dem die sehr laschen Einlasskontrollen ziemlich rasch überwunden wurden, hieß es über den Umweg Bierstand (übrigens sehr lecker) auf der Gegentribüne Platz zu nehmen. Das Rund, bzw. das Eckige war zu diesem Zeitpunkt schon recht gut gefüllt, letztendlich sollten über 11.000 Zuschauer anwesend sein. Hiervon waren rund 1.500 Leute aus dem benachbarten Bratislava angereist, welche die gesamte Ostribüne in Beschlag nahmen. Die Westtribüne, Heimtribüne der Wiener Ultras, präsentierte zum Einlaufen der Mannschaften ein geschlossenes Meer aus Fahnen und Doppelhaltern, was ein sehr schön anzusehendes Bild ergab. Der Gästemob war zu diesem Zeitpunkt schon mindestens eine halbe Stunde am Dauersupporten in einer sehr ansprechenden Lautstärke. Der Lautstärkepegel wurde jedoch um ein vielfaches überboten, sobald der Rest des Stadions am Singen war. Hierbei ist zu erwähnen, das selbst die Haupttribüne immer wieder beim allgemeinen Singsang und diversen
Hüpfeinlagen fasst komplett in Aktion war. Um es vorweg zu nehmen wusste der Dauersupport aller drei Tribünen der Grün-Weißen bis Mitte der zweiten Halbzeit fast durchgängig in beeindruckender Lautstärke zu gefallen.
Der Anhänger der Hellblauen aus Bratislava wollte sich jedoch anscheinend nicht nur am Singsang erfreuen und so wurde schon in der ersten Halbzeit angefangen gegen den heimischen Fan auf dem Unterrang der angrenzenden Tribüne kräftig gepöbelt. Hinter der Gästetribüne wurden vorsorglich schon mal die Busse für die Rückfahrt bereitgestellt. Und auch die Uniformierten wollten nun etwas Präsenz im Gästeblock zeigen. Doch der Mob war damit anscheinend nicht einverstanden, so kam es zu ersten Handgreiflichkeiten, welche schließlich in einer minuten-langen Keilerei endeten. Gleichzeitig wurde am unteren Ende derweil kräftig am Trennzaun zur Gegentribühne gerüttelt bis dieser schließlich der geballten Manneskraft nachgeben musste. Daraufhin flüchteten die ersten Grün-Weißen vom angrenzenden Unterrang und die Policija stürmte den Gästeblock, konnte jedoch begleitet vom Werfen diverser pyrotechnischer Gegenstände und Sitzschalen zumindest kurzfristig daran gehindert werden. Nach dem der Polizeikessel nun für den Rest des Stadions unverkennbar war, konnte wieder dem Spielgeschehen die Aufmerksamkeit geschenkt werden. Das Spiel an sich war dabei für den neutralen Beobachter sehr ansehnlich. Der SK Rapid konnte vor allem im technischen Zusammenspiel überzeugen und ein gewisser S. Hofmann wusste dabei durch zwei tolle Tore zu gefallen. Am Ende sprang so ein verdienter Sieg für die Heimmannschaft heraus. Die Supporter der Slovakischen Mannschaft fielen in der zweiten Halbzeit abgesehen von einem guten Sing-Sang-Support und einer misslungen Hüpfeinlage noch einmal auf, in dem man versuchte ein paar letzte pyrotechnische Gegen-stände, wie weißer Rauch und Blinker möglichst auffällig zu entsorgen. Somit hatte die Feuerwehr auch noch ihren großen Auftritt und konnte unter großen Applaus des heimischen Publikums die Zielfähigkeit mit dem Wasserschlauch unter Beweis stellen und den Brandherd beseitigen.
Nach dem Schlusspfiff leerten sich die Stadionränge beachtlich schnell, so das schlussendlich nur noch ein paar Hopper auf der Gegentribühne verblieben. Der Gästemob musste derweil auf den noch vorhandenen Sitzschalen Platz nehmen, selbst eine Blocksperre scheint also im Nachbarland Realität und Bestandteil der heute angewandten Deeskalationstaktik zu sein. Was bleibt ist ein neuer Länderpunkt in einem sehr schicken Stadion, ein interessantes Spiel, ein sehr gefälliger Support beider Seiten und das es auch in der Slowakei offensichtlich Leute gibt, denen 2. Halbzeiten einfach nur Fußball schauen anscheinend nicht ausreichend sind. Nachdem man noch kurz am Infostand der Ultras vorbeigeschaut hatte, hier jedoch kritisch beäugt wurde bezüglich des Interesses an spannender Lektüre, ging es zurück zum Treffpunkt. Schließlich war nicht unbedingt davon auszugehen, dass das ausgewählte Busunternehmen ewig warten würde. Da dies jedoch schneller als gedacht passierte, konnte man bis zur Abfahrt noch ein paar örtliche Leckereien zu sich nehmen und ein paar wehrlose Schilder & Hinweistafeln mit heimischen bunten Bildern bestücken. Nach einer recht zügigen Fahrt, welche nur noch durch eine Zollkontrolle im bayrischen Hinterland unterbrochen wurde, erreichte man am Sonntagmorgen wieder den heimischen Hafen. Fazit dieses kleinen Ausflugs: Ein sehr unterhaltsames Fußballabenteuer und der große Traum, irgendwann unsere Kicker in Blau und Weiß auf der europäischen Fußballbühne zu einem Away-Kick begleiten zu dürfen.
13.07.07
HaSuBaWü